Können Depressionen ohne Medikamente überwunden werden?

Können Depressionen ohne Medikamente überwunden werden?

Um diese Frage zu beantworten, ist erst einmal notwendig, die Frage zu beantworten, was ist eine Depression. Es werden verschiedene Arten von Depressionen unterschieden. Die Weltgesundheitsorganisation - WHO - hat in der Internationalen Klassifikation von Krankheiten, die aktuelle Auflage ist die ICD-10, definiert was eine Depression ist. Welche Symptome treten dabei auf und wie werden diese erkannt und diagnostiziert. Es geht es auch darum, verschiedene Arten von Depressionen zu unterscheiden und diese von anderen psychischen Erkrankungen abzugrenzen.

Zunächst einmal, was eine Depression nicht ist. Eine Depression ist keine Charakterschwäche. Daher helfen Sätze wie: "Nun reiß Dich doch mal zusammen!"überhaupt nicht. 

In Deutschland erkranken jährlich rund 5 Millionen Menschen an einer Depression. Somit sind Depressionen eine der häufigsten psychischen Erkrankungen. Durch die öffentliche Wahrnehmung, zunehmende Berichte in dem Medien über die Krankheit und spektakuläre Fälle, wie der Selbstmord von Robert Enke, trauen sich Betroffene eher mit Ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen. Vorher haben sie sich mit ihrer Erkrankung versteckt. Oft wussten nur engste Angehörige von der Depression. Immer öfter holen sich Betroffene jetzt professionelle Hilfe.

Im Kapitel V (F), klinisch-diagnostische Leitlinien der psychischen Störungen, in der ICD-10 sind die Depressionen im Abschnitt der affektiven Störungen, also Störungen der Emotionalität, zu finden. Die ICD-10 spricht übrigens in der Regel von psychischen Störungen und nicht von Krankheiten. Neben den Depressionen finden sich in diesem Abschnitt auch die Manie und sonstige affektive Störungen.

Bei den Depressionen werden im Groben in die depressive Episode, die wiederkehrende depressive Störung und die anhaltende chronische depressive Verstimmung, auch Dysthymia genannt, unterschieden. Die einzelne depressive Episode hat eine Mindestdauer von zwei Wochen. Sie wird in leichte, mittlere und schwere depressive Episode unterschieden. Die typischen Symptome sind depressive, gedrückte Stimmung, Verlust von Interessen, auch an Tätigkeiten und Aktivitäten, die früher Spaß gemacht haben, Freudlosigkeit und eine Verminderung des Antriebs. Die Energie geht oft in den Keller und führt zu einer Einschränkung der Aktivität und zu erhöhter Müdigkeit. Schon nach kleinen Anstrengungen kann eine deutliche Müdigkeit auftreten.

Weitere häufige Symptome sind Schlafstörungen, verringerte Aufmerksamkeit und Konzentration, vermindertes Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Hinzu kommen negative und pessimistische Zukunftsaussichten, Schuldgefühle, bis hin zum Schuldwahn und Gefühle von Wertlosigkeit sowie verminderter Appetit. Eine wichtige Symptom, dass auf jeden Fall bei Menschen mit Depressionen angesprochen werden sollte, ist die Suizidalität. Dazu gehören Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzungen oder Suizidhandlungen.

Einer der häufigsten Mythen über Suizidalität ist die, dass man keine schlafenden Hunde wecken soll und deshalb dieses Thema nicht ansprechen soll. Tatsächlich muss man dieses Thema ansprechen, um einzuschätzen, wie akut die Suizidalität ist. Viele Betroffene fühlen sich erleichtert, wenn sie darüber sprechen können. Ein weiterer Mythos ist, dass Menschen, die einen Selbstmordversuch unternommen haben, keinen weiteren Versuch unternehmen oder sich gar tatsächlich umbringen werden. Einem Selbstmordversuch kann ein vollzogener Selbstmord immer noch zur Folge haben. Je konkreter die Selbstmordgedanken sind, die Vorbereitungen für einen Selbstmord bereits begonnen sind, je mehr schon Selbstverletzungen erfolgt sind, umso mehr besteht eine akute Suizidalität. Je weniger Menschen in soziale Netzwerke eingebunden sind, das heißt wenn sie zum Beispiel alleinstehend sind oder alleine wohnen und je älter sie sind, umso höher ist die Anfälligkeit für einen Selbstmord. Holen Sie sich professionelle Hilfe, wenn eine Suizidalität besteht.

Abhängig davon, ob und wie viele der oben genannten Symptome auftreten, wird zwischen einer leichten, mittleren oder schweren depressiven Episodeunterschieden. Außerdem wird unterschieden, ob ein somatisches (körperliches) Syndrom, also eine Sammlung von Symptomen, dazu kommt. Der Ausdruck somatisches Syndrom ist etwas irritierend, da unter diesen Symptomkomplex nicht nur körperliche Merkmale fallen. Er wurde von den Autoren der ICD-10 so gewählt und hätte auch anders lauten können. Zu den Merkmalen des somatischen Syndroms gehören, Schlafstörungen mit frühmorgendlichem Erwachen, zwei oder mehr Stunden vor der gewohnten Zeit, ein Morgentief, ein deutlicher Appetitverlust, ein Gewichtsverlust von häufig mehr als 5% des Körpergewichts im vergangenen Monat, ein Interessenverlust oder der Verlust der Freude an normalerweise angenehmen Aktivitäten, eine mangelnde Fähigkeit, auf eine freundliche Umgebung oder freudige Ereignisse emotional zu reagieren. Hinzu können kommen eine psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit sowie ein deutlicher Libidoverlust.

Die schwere depressive Episode kann mit und ohne psychotische Symptome auftreten. Psychotische Symptome können Wahnideen sein. Dazu gehören Verfolgungs-, Verarmungs-, Katastrohen- und Schuldwahn. Sowie Halluzinationen oder ein depressiver Stupor (Bewegungslosigkeit). Die Halluzinationen sind Sinneswahrnehmungen von Dingen, die real nicht vorhanden sind. Bei der schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen sind dies meist Stimmen, die den oder die Betroffene beschimpfen, anklagen, diffamieren. Dazu können olfaktorische Halluzinationen kommen, die sich auf den Geruchssinn beziehen. Hier werden Gerüche von verwesendem Fleisch oder Fäulnis wahrgenommen.

Depressive Episoden können mehrmals auftreten, dann wird von einer rezidivierender (wiederkehrender) depressiver Störung gesprochen. Diese kann wie die depressive Episode in leichte, mittlere und schwere Störung unterschieden werden. Auch die zusätzliche Unterscheidung mit oder ohne somatisches Syndrom und bei der schweren Art auch mit psychotischen Symptomen ist möglich.

Wenn sich depressive Episoden mit manischen Phasen abwechseln, spricht die ICD-10 von einer bipolaren affektiven Störung, da zwei Pole, die Manie und die Depression, hier auftreten.

Von einer Dysthymia wird gesprochen, wenn die Depression länger als zwei Jahre dauert. Es kann hier Abschnitte von Tagen oder Wochen geben, in denen die Betroffenen ein gutes Befinden haben. Es überwiegen jedoch monatelange Phasen in denen sie sich müde und depressiv fühlen und jede Anstrengung zu viel ist und kein Genuss mehr möglich ist.

All diesen Arten der Depression und auch der Manie ist gemeinsam, dass es sich hierbei um eine Störung im Neurotransmitterhaushalt am synaptischen Spaltim Gehirn handelt. Die Wissenschaft geht davon aus, dass hauptsächlich der Neurotransmitter Serotonin betroffen ist. Während bei Depressionen Serotonin schlechter verfügbar ist und so Informationen am synaptischen Spalt schlechter weitergeleitet werden können, ist bei Manie das Gegenteil der Fall. Bei Manien ist zu viel Serotonin am synaptischen Spalt vorhanden und es kommt zu einer Übererregung der Synapsen.

Und damit komme ich endlich zur Ausgangsfrage zurück: Können Depressionen ohne Medikamente überwunden werden?

Die Antwort lautet im Prinzip "Ja." und zugleich "Nein." Wenn depressiven Erkrankungen tatsächlich eine Störung im Neurotransmitterhaushalt zu Grunde liegt, können diese Erkrankungen nur überwunden werden, wenn die Störung im Neurotransmitterhaushalt beseitigt wird. 

In der Regel wird bei der Therapie von Depressionen deshalb zweigleisig vorgegangen. Am häufigsten werden Verhaltenstherapien, in einigen Fällen auch tiefenpsychologische Psychotherapien, eingesetzt, die vom Einsatz von Medikamenten begleitet werden. Zum Einsatz kommen am häufigsten SSRI. Dies sind Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI = Selective Serotonin Reuptake Inhibitor). Da bei Depressionen vermutet wird, dass Serotonin am synaptischen Spalt nicht ausreichend zur Verfügung steht und somit die Informationen nicht oder nicht ausreichend weitergeleitet werden, wird mit diesem Medikament versucht, mehr Serotonin zur Verfügung zu stellen. Die SSRI verbessern dabei das Recycling von Serotonin, so dass am Ende mehr davon zur Verfügung steht und die Informationen im gewünschten Maße weitergeleitet werden können.

Was ist nun mit pflanzlichen Wirkstoffen wie Johanniskraut oder Laif, das Johanniskraut enthält? Die Wirkung von Johanniskraut entspricht exakt der von Medikamenten wie SSRI. Johanniskraut stellt dem Körper mehr Serotonin zur Verfügung. Johanniskraut hat leider die unangenehme Nebenwirkung, dass es andere Medikament komplett unwirksam machen kann. Die Leber wird durch Johanniskraut angeregt wodurch Medikamente schneller wieder ausgeschieden werden können. Zum Beispiel kann die Anti-Baby-Pille dadurch unwirksam werden. Dies gilt aber auf für alle anderen Medikamente. 

Nun mag der eine oder die andere sagen: "... aber Johanniskraut ist doch pflanzlich und damit ungefählich!" Das ist der grüne Knollenblätterpilz auch, aber der ist ganz und gar nicht ungefährlich.

Weitere Nebenwirkungen die durch die Einnahme von Johanniskraut auftreten, sind die Erhöhung der Lichtempfindlichkeit. Und mit der Einnahme von Johanniskraut kann ein Serotoninsyndrom auftreten. Dies kann zu Unruhe, Erregung, Erregungszuständen, Halluzinationen, Muskelzuckungen, Steifigkeit der Muskulatur, Temperaturerhöhung führen und unter Umständen lebensbedrohlichwerden. Es kann also bei der Einnahme von SSRI und gleichzeitiger Einnahme von Johanniskraut, als Tee oder Tabletten zu einer Überdosierung kommen. Dies führt zu dann zu den eben genannten Symptomen und kann ihr Leben gefährden.

Eine ähnliche Wirkung wie Johanniskraut oder SSRI hat Tryptophan oder L-Tryptophan. Dies ist eine Vorstufe von Serotonin, die im Körper zu Serotonin umgewandelt wird. Dieses Medikament wird zum Teil bei Schlafstörungen zur Verbesserung der Schlafqualität eingesetzt. Seien Sie daher vorsichtig, wenn Sie gleichzeitig SSRI oder Johanniskraut einnehmen.

Daher der dringende Rat, verändern sie nicht eigenmächtig die Dosierung der Medikamente oder setzen Sie diese gar ab,  die Ihnen Ihr Arzt verschrieben hat. Nehmen Sie Johanniskraut nur nach ausdrücklicher Rücksprache mit Ihrem Arzt. Sprechen Sie Ihren Arzt an, wenn Sie Nebenwirkungen spüren.

Die Wirkung von SSRI oder Johanniskraut kann sich mitunter erst zwei bis drei Wochen nach Beginn der Einnahme voll entfalten. Es kann daher dazu kommen, dass Ihr Aktivitätsniveau steigt, aber die depressive Stimmung noch weiterhin vorhanden ist. Wenn Sie jetzt verstärkt von Selbstmordgedanken geplagt sind, holen Sie sich sofort professionelle Hilfe. Die depressive Stimmung kann also erst nach einer gewissen Einnahmedauer zurückgehen.

Können also Depressionen ohne Medikamente überwunden werden. Im Prinzip "Ja." Aber hier ist die dringende Empfehlung, dies nicht ohne ärztliche Beratung und Begleitung und mit Selbstmedikamentation zu tun.

Hilfreich ist auf jeden Fall eine begleitende Psychotherapie. Vielfach wurde über die positiven Ergebnissen von mehr körperlicher Betätigung und Bewegung berichtet. Das Erlernen einer Entspannungstechnik, wie Selbsthypnose oder professionell angeleitete und begleitete Hypnose kann sinnvoll sein, um Stress abzubauen und den Kopf für eine neue positive Zukunftsperspektive frei zu machen.

Reiner Müller
Angstfreier leben

Weitere Informationen:
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Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Reiner Müller, Heilpraktiker für Psychotherapie, Hypnosetherapeut, Angsttherapeut, Coach, Angstfreier leben - Präsentationsangst/Vortragsangst/Gruppenangst überwinden Hypnose Berlin-Mitte, 10115 Berlin
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