Rechenschwäche: Weder Krankheit noch Mythos

Rechenschwäche: Weder Krankheit noch Mythos

Kann man eine „Rechenschwäche“ haben, so wie man eine Hornhautverkrümmung oder einen Schnupfen haben kann? Oder ist Rechenschwäche nur ein Phantom, das geldgierige Ärzte und Therapeuten erfunden haben und mit dem man sich ein Ticket für ein Leben ohne Mathematiknoten lösen kann?

Nein. Und nochmal: Nein. Weder stimmt das Eine noch das Andere. Klar, viele Leute SIND rechenschwach. Aber das ist genauso wenig eine Krankheit wie es eine Krankheit ist, rote Haare zu haben. Man darf nicht die Analyse eines Symptoms mit den Ursachen für seine Erscheinung verwechseln. „Ich bin schwach im Rechnen, weil ich rechenschwach bin“, das wäre wie wenn ich als Erklärung für einen tropfenden Wasserhahn akzeptieren würde, dass geringe Mengen Wasser herauslaufen. Das ist aber nur eine Beschreibung dessen, was ich ohnehin schon weiss. Erklären kann ich einen tropfenden Wasserhahn vielleicht damit, dass die Dichtung kaputt ist oder er nicht richtig zugedreht ist.

Für Rechenschwächen gibt es viele mögliche Erklärungen, die meisten haben mit der Lernbiografie der Betroffenen zu tun. Das Symptom Rechenschwäche ist leicht zu identifizieren und deswegen sehr real. Wer schwach im Rechnen ist, der ist rechenschwach, nicht umgekehrt. Wann aber ist man „schwach“? Nun, das kann entweder subjektiv so empfunden werden oder man kann versuchen, es zu objektivieren, indem man z. B. die individuellen Ergebnisse eines Rechentestes mit dem Durchschnitt vergleicht. Das machen u. a. Psychologen oder Ärzte, wenn sie Rechenschwächen „attestieren“. Je nach verwendetem Test gibt es einen Bereich (zum Beispiel die schlechtesten 5 %), der als Schwelle zur „Rechenschwäche“ definiert wird. Liegt der Getestete in diesem Bereich, gilt er als „rechenschwach“. Das ist, wie wenn ein Ingenieur unter standardisierten Bedingungen den Kraftstoffverbrauch eines Autos misst und definiert, dass dieser ab 10 Litern pro 100 Kilometern „bedenklich hoch“ ist.

Allerdings käme wohl niemand auf die Idee, den hohen Verbrauch dieser Autos damit zu erklären, dass sie in der Kategorie „bedenklich hoch“ liegen. Bei rechenschwachen Kindern sind derlei Absurditäten leider nicht selten, ist es doch verlockend, eine vermeintlich schicksalhafte Erklärung für ein reales Problem zu haben. Wo man angeblich nicht viel machen kann, lässt sich Leid besser ertragen. Tatsächlich bleiben damit aber die 99% der rechenschwachen Kinder, denen man sehr wohl mit überschaubarem Aufwand wirkungsvoll helfen kann, auf der Strecke.

Es gibt wenige Menschen, bei denen für Rechenoperationen relevante Verarbeitungsmechanismen im Gehirn tatsächlich (meistens durch Verletzungen, Schlaganfälle, Tumore, Nervenerkrankungen o. Ä.) so beeinträchtigt sind, dass man bei ihnen von einer echten Dyskalkulie, also einer neurologisch bedingten starken Beeinträchtigung der Zahlverarbeitung sprechen kann. Diese Fälle sind aber extrem selten und die betroffenen Personen sind meistens zusätzlich beeinträchtigt.

Die mittlerweile allgemein verwendete Definition der Dyskalkulie laut „Internationaler statistischer Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD)“ ist problematisch und  irreführend, da sie Millionen Menschen mit schwachen Rechenleistungen unzulässig  zu „Patienten“ macht. Man kann nicht AN Rechenschwäche leiden, aber sehr wohl UNTER ihr und der Stigmatisierung, die Betroffene häufig erfahren.

Weitere Informationen:
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Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Dr., Thomas Royar, Dyskalkulietherapeut, Praxis Kopfzahlat, 79108 Freiburg im Breisgau
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Praxis Kopfzahlat, 79108 Freiburg im Breisgau
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