Wenn Sprache auf die Nerven geht

Wenn Sprache auf die Nerven geht

Angewandtes neurobiologisch-linguistisches Coaching

Schon das Buch der Bücher weiß: „Im Anfang war das Wort (...) und alles ist durch das Wort geworden.“ Neurolinguistische Forschung hat gezeigt, dass die Nennung eines Wortes eine umfassend sinnliche Resonanz im Menschen hervorruft. Sämtlich abgespeicherten Informationen, die mit dem Begriff verbunden sind, werden physisch erlebbar, denn Sprache bildet sich in denselben Gehirnarealen ab, wie das bezeichnete Phänomen. Man muss etwas nicht tatsächlich sehen, um neurobiologisch berührt zu sein. Die Reaktion im Kopf ist identisch [1].

Ein kleines Experiment zum Anfang. Schließen Sie Ihre Augen und stellen Sie sich einmal
vor, von einer Person, die Ihnen gerade einfällt, beim Namen gerufen zu werden. Vielleicht lächeln Sie freudig. Eventuell zucken Sie auch überrascht zusammen. Möglich ist auch, dass Sie verärgert die Stirn runzeln.

Je nachdem, wie angenehm Ihnen diese Vorstellung ist oder wie Ihr Verhältnis zu diesem Menschen aussieht: Sie zeigen unweigerlich eine Reaktion, wenn Sie Ihren Namen „hören“.
Vermutlich haben Sie den genauen Tonfall, die Lautstärke der Stimme und auch deren Klangfarbe im Ohr. Die gewählte Person taucht sicherlich auch sofort vor Ihren Augen auf.
Verdeutlicht wird folgendes: Sie hören nicht nur objektiv-akustisch Ihren Namen, sondern „erleben“ ihn subjektiv-emotional. Wahrscheinlich wird Ihre Reaktion weitaus sinnesspezifischer und situationsbezogener sein, als sie es vorher gedacht hätten.

Willkommen im limbischen System!

Jeder Wahrnehmungsreiz, den ein Mensch empfängt, wird durch die Amygdala überprüft und bewertet. Sie ist die „Alarmglocke“ des limbischen Systems, die evolutionsbiologisch immer schon von größter Wichtigkeit war. Sobald sie etwas als Gefahr einstuft, übernimmt das Emotionalgehirn, wie das limbische System auch genannt wird, die Kontrolle. Die Reaktionspalette umfasst dann genau drei Modi: Kampf, Flucht oder Starre. Das Großhirn wird mit seiner Denkleistung geradezu ausgeschaltet. Zu Recht.
Wurden unsere frühen Vorfahren plötzlich von einem Säbelzahntiger angegriffen, war es meist günstiger, die spontane Flucht anzutreten, als lange darüber nachzudenken.
Die Amygdala kann ebenso einen euphorisierenden Reiz registrieren. Allerdings wirkt er sich eher ungünstig aus. Der Begriff „Kaufrausch“ beispielsweise gibt eines der Phänomene sehr treffend wieder. Wenn jemand ein neues Auto oder die Handtasche „unbedingt“ haben muss, ist keine freiheitliche Entscheidung möglich. Man scheint einer übersteigerten Form von Freude ausgeliefert, die mitunter Zwang oder Gier hervorruft und sich „vernünftiger“ Verhaltenskontrolle entzieht. Der Autopilot ist eingeschaltet und der Cortex auch hier geradezu deaktiviert. Bleibt das limbische System unberührt, handelt es sich umeinen ganz neutralen Reiz.

Worte berühren physisch

Wie die Hirnforschung gezeigt hat, werden Wörter vomlimbischen Systembeurteilt. Die Psychologin Johanna Kißler und ihr Team der Universität Konstanz zeigten, wie Worte mit Emotionen verknüpft sind und von der Amygdala schneller überprüft werden als neutrale Begriffe [2]. Das bezieht sich sowohl auf positive als auch negative Ausdrücke.
Diese „Buzzwords“ zeigen durch neuronale Reaktion gleichermaßen die psychische als auch physische Berührbarkeit an. Je nach Situation fühlt sich jemand durch eine Bemerkung „gebauchpinselt“, „wie vom Blitz getroffen“ oder „geohrfeigt“.

Im Laufe des Lebens sammelt jeder Mensch entsprechendes Material, das Kißler mit „Vita- Sprache“ bezeichnet. Für viele ist beispielsweise das Wort „Zahnarzt“ nicht besonders positiv belegt. Da man in der Regel jedes Jahr zur ärztlichen Kontrolluntersuchung geht, schafft eine Vermeidung weder dauerhafte Erleichterung, geschweige denn eine Lösung. Dazu kommt, dass mit dem Ausgangstrigger sinnverwandte oder assoziierte Referenzbegriffe genauso wirken. In der Psychologie wird das „Priming“ – die Bahnung von Assoziationsketten – genutzt, um gezielt weitere semantische Reize zu ermitteln.
Der „Bohrer“ taucht nicht nur akustisch mit seinem hochfrequenten Geräusch im Ohr auf, sondern ist, wie auch die „Spritze“, geradezu kinästhetisch erfahrbar. Chlorphenol, Kampfer und Menthol wären für die meisten lediglich medizinische Präparate. Bei „Zahnarztgeruch“ rümpft man hingegen unweigerlich die Nase. Sämtliche emotionale Verbindungen und Bewertungen rütteln die Alarmglocke. Die Linguistik spiegelt sich immer auch auf physischer Ebene wider und umgekehrt.

Neuromatrix und Embodiment

Die Jenaer Psychologinnen Maria Richter und Judith Eck konnten nachweisen, dass allein das Wort „Schmerz“ dieselben Areale im Gehirn aktiviert, wie es bei der Schmerzverarbeitung der Fall ist [3]. Auch hier rufen alle angrenzenden Schmerzwörter den gleichen Effekt hervor. Zusätzlich wird erkennbar, dass sie offenbar mehr Aufmerksamkeit erzeugen als andere. Die Forscherinnen vermuten, dass dabei wiederum der Evolution Rechnung getragen wird. Schmerz kann sich für den Organismus lebensbedrohlich darstellen. Daher ist eine schnelle Erkennung und Vermeidung notwendig. Beim Deutschen Schmerzkongress wurden die beiden 2010 mit dem Förderpreis für Schmerzforschung ausgezeichnet.

Ein ähnliches Konzept vertritt Schmerzforscher Professor Ronald Melzack. Er spricht von neuralen Programmen, die schon per Geburt in jedem Menschen angelegt sind [4]. So rufen Ekel oder Panik einen automatisierten Ablauf von Körperreaktionen hervor.
Durch tägliche Lern- und Lebenserfahrung entstehen weitere Netzwerke. Alle Sinneswahrnehmungen werden limbisch gefiltert und daraus Verhalten abgeleitet. Es bildet sich eine Neurosignatur, die Melzack auch Neuromatrix nennt. Sie ist einzigartig wie ein Fingerabdruck. Hier kann man den Volksmund durchaus sprichwörtlich verstehen, denn wodurch sich jemand neurobiologisch „aus der Bahn“ geworfen fühlt oder was jemandem „auf die Nerven“ geht, ist immer eine ganz individuelle Angelegenheit.

Den Ausdruck des Körpers auf emotionale Befindlichkeiten definiert man als Embodiment. Studien haben gezeigt, dass beispielsweise die Art des Gehens einen signifikanten Einfluss auf die Gefühlslage hat. Und genauso können positive Begriffe zu einem veränderten Gang animieren [5]. Es ergibt sich also eine zirkuläre Kausalität. Diesem Thema hat sich besonders auch unter psychoedukativem Aspekt die Psychologin Dr. Maja Storch mit ihrem Züricher Ressourcen- Modell gewidmet. Durch Bewegung und Haltung werden dem Gehirn genau die sensomotorischen Signale gesendet, die eine erwünschte Emotion hervorbringen [6].
Dank der Erkenntnis, dass das Gehirn durch seine Neuroplastizität lebenslang lernfähig bleibt, müssen angelegte Muster also nicht „in Stein gemeißelt“ bleiben.

Spiegelneurone und sozialer Schmerz

Auch Psychoneuroimmunologe Professor Joachim Bauer unterstreicht, dass Sprache die Wirkung einer Handlung haben kann [6]. Wichtig erscheint ihm dies vor allem in Hinblick auf Spiegelneurone.

Nicht nur, dass man am eigenen Leibe „Schmerz“ bei Nennung dieses Wortes empfinden kann. Die Beobachtung eines anderen, der leidet, aktiviert die Nervenzellen genau so, als wäre man selbst in der Situation.

Empathisches Erleben, das durch Spiegelneurone möglich wird, kann daher sowohl positives als auch negatives Empfinden hervorbringen. Betrachtet man vor dem Hintergrund beispielsweise auch Verunglimpfungen,die im Internet stattfinden, wird schnell klar, dass die vermeintlich virtuelle Welt sehr real daherkommt. Manfred Spitzer weist besonders auf „soziale Schmerzen“ bei Jugendlichen hin. Da die Sensibilität in der Adoleszenz erhöht ist, wird durch Ausgrenzung und Ablehnung eine deutliche Aktivität im Schmerzzentrum des Gehirns angezeigt [8]. Im Zusammenhang mit anderen zentralnervösen Arealen spricht man auch vom „social brain“.

Diesbezüglich zeigte Sozialpsychologin Naomi Eisenberger durch eines ihrer Experimente eindrücklich, dass physische Schmerzen und Stresssymptome bei schmerzhaft empfundenen sozialen Erfahrungen auftauchen [9]. Um eine exakte Messung vornehmen zu können, wurde die Versuchsperson an einen MRT-Scanner angeschlossenen. Ihr wurde mitgeteilt, sie sei über das Internet mit zwei weiteren Teilnehmern verbunden, mit denen sie ein Ballfangspiel durchführen sollte. Sie sah die beiden auf dem Bildschirm lediglich als Cartoonfiguren repräsentiert. In Wirklichkeit gab es keine weiteren menschlichen Mitspieler, sondern die Versuchsperson spielte mit einem Computerprogramm. In einer ersten Runde wurde sie in das Spiel einbezogen. Alle warfen sich jeweils den Ball zu. In einer zweiten Runde wurde sie konsequent von den „Mitspielern“ ausgeschlossen.

Als Antwort auf den Ausschluss aus dem Spiel war die zuständige Region für physischen Stress signifikant aktiv und auch emotionaler Stressmessbar. Kongruent dazu waren die Aussagen, sich „zurückgewiesen“ zu fühlen und „überflüssig“ zu sein. Selbst die Beobachtung einer Ausgrenzung – hier werden wieder Spiegelneurone aktiv – rief diese Reaktionen hervor. Ablehnung schmerzt.

Darüber hinaus sank auch die physische Schmerzschwelle. Manche Probanden reagierten sensibler auf Hitzereize, selbst Entzündungswerte stiegen an. Konnten sich die Personen jemandem zuwenden, beispielsweise die Hand des Partners halten, waren die Reize nicht mehr gleich stark schmerzhaft.

Besser neurobiologisch

Mit den genannten wissenschaftlichen Erkenntnissen ist es naheliegend, an den neuronalen Schaltstellen anzusetzen, wo Stress entsteht. Da sich menschliches Verhalten über Erfahrungen und die damit erlebten Emotionen zeigt, scheint eine Regulierung ungünstiger Erfahrungen sinnvoll. Kognitionsforscherin Dr. Elisabeth Wehling der Universität Berkeley spricht vom „Framing“, das durch Sprache aktiviert wird [10]. Das Gehirn kann sich nur auf konkrete Erfahrungen beziehen, um Sprache einen Sinn zuzuschreiben. Das heißt, dass Welterfahrung durch Sprache belegt wird und diese auch immer eine neuronale Simulation hervorruft. Und auch Wehling weist darauf hin, dass sämtliche Denkrahmen innerhalb eines semantischen Feldes aktiv werden.

Wie bereits weiter oben dargestellt, bleibt jedoch eine adäquate Verhaltensmodifikation bei emotionalem Alarm auf der Strecke. „Sprechende“ Interventionen sind aufgrund linguistischer Triggermitunter wenig zielführend.
Angesichts der Tatsache jedoch, dass nachhaltige Veränderung gerade über emotionales Berührtsein stattfindet, geht es daher um eine Regulierung gestresster Emotionen.

Ein neurobiologisch-linguistisches Coaching wie wingwave kann durch den gut beforschten Myostatiktest und die bilaterale Hemisphärenstimulation für eine punktgenaue und zeitökonomische Entstressung sorgen [11]. Einen ausführlichen Praxisbericht finden Sie in der Februar-Ausgabe 2017 des Naturheilkunde Journals.
Das Muskeltestverfahren navigiert durch einen genauen Prozessverlauf und unterscheidet starke von schwächenden Reizen. Derart weist es fokussiert auf die zu bearbeitenden Begrifflichkeiten. Dabei wird ein wesentlicher Vorteil deutlich: Es geht nicht darum, einen stressenden Sprachreiz zu unterbinden, sondern ihn gar nicht erst entstehen zu lassen!

Wird also ein Trigger wie „Schmerz“, gleichgültig ob sozial oder auch physisch erfahren, neutralisiert, können vorher gebundene Energien erneut frei werden. Neue Handlungsfähigkeit, Leistungssteigerung, Freude und Kreativität sind wieder möglich.
Ziel des neurobiologisch-linguistischen Coachings ist daher, stressende Vita-Wörter in zielführende Sprache zu verwandeln und als Ressourcen auch für einen positiven Embodiment- Effekt nutzbar zu machen. In diesem Sinne bleiben Sie bei nächster Gelegenheit ruhig und entspannt, wenn Sie Ihren Namen hören!

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Literatur

1] Spitzer, M. (2007): Gott-Gen und Großmutterneuron. Geschichten von Gehirnforschung und Gesellschaft. Stuttgart: Schattauer
2] Kißler, J. et al. (2007): Buzzwords – early cortical responses to emotional words during reading. Psychological Science 18 (06), S. 475–480
3] Richter, M. et al. (2010). Do words hurt? Brain activation during the processing of pain-related words. Pain, 148(2): S. 198–205, doi:10.1016/j.pain.2009.08.009.
4] Melzack, R. (1999): From the gate to the neuromatrix. PubMed, US National Library of Medicine, National Institutes of Health
5] Michalak, J. (2014): Unsere Art zu gehen, beeinflusst, was wir uns merken. Witten: Universität Witten/Herdecke
6] Storch, M; Cantieni, B.; Hüther, G.; Tschacher, W. (2010): Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen. Bern: Hans Huber
7] Bauer, J. (2005): Warum ich fühle, was du fühlst. Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone. Hamburg: Hoffmann und Campe
8] Spitzer, M.; Bonenberger, M.: Soziale Schmerzen. Warum sie auch wehtun und was daraus folgt. Nervenheilkunde 31 (2012), S. 761–764
9] Eisenberger, N. I.; Lieberman, M. D.:Why rejection hurts:Acommon neural alarmsystemfor physical and social pain. Trends in Cognitive Science 8 (2004), S. 294–300
10] Wehling, E. (2016): Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet - und daraus Politik macht. edition medienpraxis, Köln: Halem
11] Besser-Siegmund, C.; Siegmund, L. A. (2016): Neurolinguistisches Coaching – NLC
Sprache wirkt Wunder. Paderborn: Junfermann

in: Naturheilkunde Journal 04/2017, S. 4f.

Weitere Informationen:
http://www.karin-pilot.de/angebot/wingwave

Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Karin Pilot, wingwave-Coach, Systemische Beraterin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Coaching und Beratung, 10585 Berlin
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